Grand Canyon Nationalpark

28.03.2023
"Die Aussicht auf den Grand Canyon erfüllt mich mit Ehrfurcht. Es ist jenseits der Macht der menschlichen Vorstellungskraft" (John Wesley Powell)

Am zweiten Tag fuhren wir zunächst südwärts und kamen an Laughlin vorbei. Diese Stadt, die direkt am Colorado River liegt, bietet nochmal einiges Potential für Casino-Abende bzw. Casino-Tage. Da wir nicht so die Zocker sind, sind wir direkt weitergefahren und ließen die Stadt rechts liegen. Es ging nach Oatmen, einem Dorf, welches quasi in der Zeit stehen geblieben ist und eine tolle Western-Atmosphäre bietet. Wenn man den direkten Weg von Bullhead City dahin wählt, dann sollte man wissen, dass "Road" und "Highway 10" in dieser Region staubige, von Fahrrinnen und Schlaglöchern überhäufte Schotter-/Sandpiste bedeutet. Unser Motorhome holperte mit wahnsinnigen 15 mph dort entlang. Entsprechend lang zog sich der Weg. Es sollte sich aber lohnen. Schon Oatmen ist sehr sehenswert mit dem Westernlook und den Wildeseln, die einem begegnen können, aber insbesondere der Weg von Oatmen nach Kingsman auf der historischen Route #66 ist unfassbar schön. Es geht durch eine Berg- und Hügellandschaft. Im Frühjahr blühen viele Pflanzen in Lila-, Blau- und Gelbtönen und überdecken die wilde, bergige Landschaft. Unzählige unterschiedliche Kakteenarten vermischen sich mit diesen Gewächsen zu einem unfassbaren Landschaftsbild. Mitten hindurch windet sich die Route #66. Es ist eine der schönsten Straßen, die wir in Amerika gefahren sind.

Man kann, wenn man wirklich viel Zeit mitgebracht hat, von Kingman aus einen circa 120 Meilen weiten Abstecher in das vom Grand Canyon gesehen westlich gelegene Havasupai Indian Reservation machen. Die Straße endet auf dem Hualapai Hilltop, wo sich direkt auch der Trailhead des Pfades nach Supai befindet. Auf jeden Fall sollte man diesen Abstecher längerfristig vorausplanen. Es müssen zwangsläufig sowohl für die Wanderung als auch für eine Übernachtung Reservierungen vorliegen. Vor Ort warten dann Wasserfälle und Badepools in üppiger Vegetation auf die Besucher*innen. Vom Hualapai Hilltop muss man zunächst über einen breiten Maultierpfad 13 km zum Supai Village per pedo zurücklegen. Allein dies dauert bereits vier Stunden. Wenn man dann da ist, gibt es die Navajo Falls, die Rock Falls sowie die 30 m tiefen Havasu Falls zu bestaunen. Gerade letztere münden in einen türkis leuchtenden Badepool. Geht man noch 5 km weiter, erreicht man schließlich das Ufer des Colorado River.

Nach Kingsman geht es auf der I-40 weiter nach Seligman. Diese Kleinstadt nennt sich selbst "Geburtsort der historischen Route #66" und ist entsprechend mit skurillen Geschäften ausgestattet. In diesen findet man einen Haufen Schrott, außergewöhnliche Route #66-Souvernirs und -Merchandise und Antiquitäten bzw. alte Autos. Für einen kleinen Stopp lohnt es sich, da Seligman eh auf dem Weg zum Grand Canyon NP liegt ebenso wie Williams, wo es einen schönen Zoo geben soll. Während wir Oatmen und Seligman geschafft haben, hatten wir aber leider keine Zeit mehr für besagten Zoo in Williams.

Ab Williams geht es dann von der I-40 runter und nördlich über die #64 durch den Kaibab National Forest in den Grand Canyon Nationalpark. Das Südtor ist oftmals stark frequentiert. Frühes Ankommen oder späteres Erreichen in den späten Nachmittags- bzw. Abendstunden erscheint daher lohnenswert. Der Grand Canyon NP wurde uns angekündigt (in unserer Reisevorbereitung) mit Adjektiven wie "atemberaubend und zugleich überwältigend", "faszinierend", "beeindruckend", "naturgewaltig", "inspirierend". Nach einem Tag im Grand Canyon NP können wir persönlich diesen Beschreibungen nur bedingt zustimmen. Dieser Eindruck verstärkte sich am Ende der Reise, als wir alle Nationalparks im südlichen Utah und nördlichen Arizona besucht hatten. Ja, die etwa 1,6 Kilometer tiefe und durchschnittliche 16 Kilometer breite Schlucht ist schon sehenswert und raubt einem auch beim ersten Anblick den Atem. Ja, er ist ein stummer Zeuge von 2.000 Millionen Jahren Erdgeschichte und Geologie-Fans werden hier sehr viel Wissenswertes erfahren. Und ja, es ist ein UNESCO-Weltnaturerbe und gehört mit Sicherheit zu den berühmtesten Wahrzeichen der USA. Aber, es gibt kaum Wanderungen, die abwechslungsreich und entdeckend sind. Es gibt den West Rim Trail, der an der Schlucht entlang führt und schöne Aussichtspunkte wie dem Mather Point oder Hermits Rest bereithält, aber es ist halt "nur" ein Wanderweg, der an der Schlucht entlang führt. Für uns fehlte die Abwechslung. Man hatte sich schnell satt gesehen. Die (Weit-)Blicke änderten sich kaum. Sicherlich spannend sind die Wanderungen in die Schlucht hinein. Dies bietet beispielsweise der Bright Angel Trail. Das ist ein Abenteuer, vor dem man aber auch – insbesondere unerfahrene Wanderer – warnen muss. Jährlich werden ... gerettet und es sterben ... per anno bei diesem Wagnis. Es ist also durchaus nicht ohne diese Wanderung zu unternehmen. Keinesfalls sollte man sie nur an einem Tag unternehmen, da dafür der Aufstieg zu schwierig und langwierig ist. Außerdem werden die Temperaturen stark unterschätzt. Wir hätten das gerne gemacht, aber im Rahmen einer Muli- oder Pferde-Tour. Entsprechende Aktivitäten muss man weit im Vorhinein buchen. Wir taten es nicht, da wir nur zwei Wochen für die gesamte Reise hatten und somit der Grand Canyon NP nur einen Tag einnahm. Daher besuchten wir nur das Visitor Center, einige Museen und wanderten den Rim Trail ab. Eigentlich wollten wir uns auch für die wenigen Abschnitte, die dies zuließen, ein Fahrrad mieten, aber auch hier ist Vorreservierung alles und Spontanität nichts. Als letztes fuhren wir Richtung Ostzugang des Parks, wo nochmal einige schöne Aussichtspunkte warteten. Uns reichte der eine Tag, um einen Eindruck zu gewinne. Insbesondere auch deshalb, weil der Colorado River so gut wie nicht zu sehen war. An den wenigen Stellen, an denen wir ihn in weiter Ferne erblicken konnte, "erstrahlte" er in einer trüben braunen Suppe und schlängelte sich recht unscheinbar tief unten in der Schlucht entlang.


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