Die Hauptstadt Ermlands: Olsztyn
"Spaziergänger sind 'Praktizierende der Stadt', denn die Stadt ist zum Laufen gemacht." (Rebecca Solnit)
Startend von Ostróda (Osterode) aus, fuhren wir über Gietrzwałd (Dietrichswalde) nach Olsztyn (Alleinstein), das man – wie Rebecca Solnit bereits im obigen Zitat deutlich macht – zu Fuß erkunden muss. Auf dem Weg nach Olsztyn, passieren wir Gietrzwałd, das dabei aber nur ein kleiner Abstecher bzw. Stopp gewesen ist. Dort befindet sich die Kirche der Heiligen Jungfrau Maria. Es wirkt äußerlich recht unscheinbar, stellt aber eine der bedeutendsten Marienwallfahrten in Polen dar, die von gut eine Million Menschen jährlich besucht wird.
Mit knapp 175.000 Einwohnern ist die 1348 erstmalig urkundlich erwähnte historische Hauptstadt des Ermlands und Woiwodschaftshauptstadt von Warmia-Mazury nach Białystok die größte Stadt im Nordosten Polens. Zugleich bildet Olsztyn (Allenstein) das kulturelle, wirtschaftliche und touristische Zentrum der Region. Aufgrund ihrer Bedeutung wurde sie auch von den Kriegswirren des 2. Weltkriegs heimgesucht und blieb nicht unverschont. So wurde sie etwa zur Hälfte zerstört und der historische Stadtkern musste später wieder aufgebaut werden. Die rekonstruierte kleine Altstadt (Stare Miastro) besuchten wir im Rahmen eines kleinen Spaziergangs, den wir noch durch einen Rundgang entlang der Łyna erweiterten. Dabei besuchten wir das backsteingotische Hohe Tor, welches ehemals als Wahrzeichen Allensteins herhielt. Wir besuchten den Targ Rybny (Fischmarkt), auf dem das wiederaufgebaute Haus der "Gazeta Olsztyńska" steht, was nicht nur Sprachrohr der großen nichtdeutschen Bevölkerungsgruppe darstellte, sondern sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die Germanisierung(spolitik) stellte, die seit 1772 von Seiten Preußens bzw. spätere des Deutschen Reichs aus betrieben wurde. Dieser hohe Widerstandswille wird auch in der Tatsache deutlich, dass sie trotz zunehmender Schikanen bis 1939 veröffentlichte und damit erst aufhörte, als die Redakteure verhaftet und in Konzentrationslagern verschleppt wurden. Auf der ul. Staromiejska ging es dann weiter durch die Altstadt. Sie ist die schönste Bummelstraße Allensteins und mündet in einen großen Markt, wo das Alte Rahthaus steht. Es wurde in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts erbaut und 1946 bis 1949 rekonstruiert. Heute beherbergt es eine Bibliothek. Das neue Rathaus befindet sich unweit des Hohen Turms außerhalb der Altstadt. Darüber hinaus gab es die Kirche St. Jakob zu besichtigen sowie die Evangelische Kirche. Die größte Sehenswürdigkeit ist aber das monumentale Schloss des ermländischen Domkapitels, welches 1346 begonnen wurde und bis ins 16. Jahrhundert hinein immer wieder erweitert wurde. Zu unserem großen Bedauern konnten wir das Schloss nicht besichtigen, da genau während unseres Besuchs das Schloss aufgrund eines Konzerts im Hof gesperrt war. Entsprechend konnten wir auch nicht dem Museum von Ermland und Masuren einen Besuch abstatten. Sehr bedauerlich.