Die Halbinsel Cotentin und die Côte de la déroute
"Wer ohne die Welt auszukommen glaubt, irrt sich. Wer aber glaubt, daß die Welt nicht ohne ihn auskommen könne, irrt sich noch mehr." (François de La Rochefoucauld)
Immer noch zutiefst beeindruckt von den Geschehnissen rund um den D-Day verließen wir die Landungsstrände in Richtung der normannischen Halbinsel Cotentin. Sie ist eine wilde, vom Wind umtoste und von Wasser umwogte Region. So wollten zur maritimen Hauptstadt Cotentins, Cherbourg. Sie trägt auch den Beinamen "Port des Amériques" und ist eng verbunden mit der alliierten Landung, da sie im Zuge der Eroberung und der eigentlich geplanten Errichtung eines Brückenopfers komplett zerstört wurde. Man findet hier also ebenfalls mannigfaltige Spuren der Landung der Alliierten An der Küste östlich von Cherbourg liegt Barfleur. Es soll eines oder gar das "schönste Dorf Frankreichs" sein. Unsere Reise führte uns aber von Cherbourg aus Richtung wilder Atlantikküste.
Zunächst ans "Ende der normannischen Welt" nach La Hague. Dort erwanderten wir uns die höchsten Klippen der Normandie: der Nez de Jobourg. Diese 10.5 km-lange Wanderung führt uns durch die Bucht von Écalgrain, die von hohen Felsen malerisch umschlossen wird. Der südlich davon liegende Küstenabschnitt am Nez de Jobourg besitzt sicher die eindrucksvollste und wildeste Landschaft der Normandie mit einer reichen Flora und Fauna: Ein großartiges Naturerlebnis hat sich uns hier ergeben. Die Stimmung ist hier wild und geheimnisvoll, die Felsen ragen an der Küstenlinie 128 Meter hoch. Neben der wundervollen Wanderung ist der Leuchtturm von Goury sehr sehenswert. Er lässt sich zwar nicht besichtigen, sollte aber unbedingt in Augenschein genommen werden. Auch die Kirche von Jobourg zeigt einem beeindruckend, wie das Wetter hier zu sein scheint: wild. Der feste und massive Bau lässt nämlich darauf schließen, dass diese Kirche keinen Sturm und keine Meereswinde zu fürchten braucht. Wenn Ebbe herrscht lassen sich mittels einer geführten Klettertour die zwei Grotten Grotte du Lion und Grotte de l'Égliste besichtigen.
Weiter südlich warten nach den höchsten Klippen nun die höchsten Dünen der Normandie auf uns. Diese findet man bei Biville. Von Calvaire des Dunes eröffnete sich uns gleich zu Beginn ein fantastischer Blick über den Verlauf unseres Weges durch eine großartige Landschaft: Die grasbewachsenen Dünen von Biville beeindrucken durch ihre stattliche Ausdehnung von 1000 ha und eine Höhe von über 100 m, während die Sumpflandschaft von Vauville ein ruhiges Naturreservat mit seltener Flora und Fauna ist. Insbesondere durch die beeindruckende Gestaltung der Dünen, traten bei uns die Impressionen der Sumpflandschaft etwas in den Hintergrund. Dies mag auch an der durchaus sehr anspruchsvollen und anstrengenden Wanderung durch die Dünen liegen.
Weiter südlich befinden sich beim Cap de Carteret und den Dunes d'Hatainville ein netter Badeort, ein felsiges Kap und riesige Sanddünen. Von der herrlich gelegenen Bucht von Carteret führt der aussichtsreiche Weg um das felsige Kap und anschließend durch die außergewöhnliche Dünenlandschaft von Hatainville mit ihrer einzigartigen Vegetation. Von hier aus kann man auch gut die Kanalinseln, Guernsey und vor allem Jersey. sehen. Auf dem Felsplateau sind Heide und Stechginster der Lebensraum für die Provencegrasmücke, den Kolkraben und den Wanderfalken. Um den Leuchtturm herum tragen die kürzlich restaurierten Trockenmauern zum Erhaltung des Kaps bei und führen die Besucher entlang der Klippen der Côte des Isles. Die Dunes d'Hatainville sind bis zu 60 m hoch und bedecken Felsen, die älter als 70.000 Jahre. Hier ist die Vegetation vom Meer bis zum höchsten Gipfel der Dünenlandschaft stufenförmig angeordnet. Zahlreiche seltene Arten leben in den Dünen, deren Farben sich mit den Jahreszeiten ändern: vom Blau des Strandroggens über das Violett des Sand-Thymians und das kräftige Rosa des Pyramiden-Hundswurz bis hin zum Gelb und Braun des großen Spinnen-Ragwurz.